Trabitz. Geschäftsführer Bernhard Schmidt und Aufsichtsratsmitglied Alexander Goller skizzierten in der Aprilsitzung des Trabitzer Gemeinderats die Entwicklung und das aktuelle Angebotsspektrum von „Neue Energien West“ (NEW).
Mit acht Gemeinden des „Vier Städtedreieck“-Raums im westlichen Kreis Neustadt fing 2009 alles an. Heute tragen 22 Kommunen von Immenreuth und Krummennaab bis Auerbach und Floß, zwei Kommunalunternehmen sowie rund 1.800 Mitglieder der als Co-Financier fungierenden „Bürgerenergie“ die Genossenschaft „Neue Energien West“ (NEW), die sich obendrein zum Herzstück eines arbeitsteiligen Netzwerks aus zwölf Unternehmen gemausert hat.
„Wie kann man die steigenden Energiekosten in den Griff bekommen?“ Diese Frage habe auch schon am Anfang der NEW-Gründung gestanden, blickte Schmidt zurück. Die Antwort habe nur lauten können: Aufbau einer regionalen und regenerativ-ökologischen Stromerzeugung, die leistungsfähig genug sein sollte, um die Region bis 2030 unabhängig von Elektrizität aus fossilen und nuklearen Quellen zu machen.
Mit drei Dach-Photovoltaik-Anlagen klein angefangen
Mit drei Dach-Photovoltaik-Anlagen habe man klein angefangen, heute seien die Dach- und Freiland-Solarstromanlagen für eine potenzielle Gesamtleistung von 42,4 Megawatt Peak (MW Peak) gut. Hinzu kämen 4,8 Megawatt aus den Windkraftanlagen bei Creußen und seit 2019 das Nahwärmenetz für Trabitz samt Biogasanlage „Energiehof Blankenmühle“. In Vorbereitung sei eine Kapazitätssteigerung auf 200 MW Peak Solar- und 50 MW Windenergie.
Bevor diese Gelder zu Investoren nach Hamburg, München oder gar ins Ausland abfließen, setzen wir uns lieber drauf, denn was bei uns „im Gäu“ erwirtschaftet wird, soll auch bei uns bleiben.Bernhard Schmidt
Die Anlagen, so Schmidt, habe man teils von anderen verkaufswilligen Betreibern erworben, um sicherzustellen, dass das aus der Energieerzeugung erwirtschaftete Geld in der Region bleibe. Doch habe die NEW auch eigene Anlagen errichtet, wie etwa die Solarparks bei Höflas, Kalkhäusl und Cadolzburg: „Hierfür wurden keine landwirtschaftlich genutzten Flächen, sondern ausschließlich Konversionsflächen auf ehemaligem Mülldeponiegelände verwendet“.
Vorreiter in Bayern
Rund 800 Kunden bezögen zurzeit ihren Strom auf der Grundlage des eigenen Regionalstrom-Tarifs, den die NEW 2014 als erste regionale Energiegenossenschaft Bayerns eingeführt habe. Die Investitions- und Renditeauszahlungspolitik der Genossenschaft, die zu den drei größten Energiegenossenschaften Bayerns zähle, sei auf langfristige Energieerzeugung vor Ort, nicht auf das schnelle Geld gerichtet, unterstrich der Geschäftsführer: „Wer mehr Rendite will, dem empfehlen wir, nicht bei uns Mitglied zu werden, sondern sein Geld lieber in Aktienfonds zu investieren. Wir wären nicht so erfolgreich, wenn wir es anders handhaben würden.“
Bedarfsgerechter und flexibler Betrieb
Nach diesen allgemeinen Ausführungen stellte Bernhard Schmidt einige Einzelprojekte vor wie den Solarpark Cadolzburg mit einer jährlichen Energieausbeute von 10,5 Millionen Kilowattstunden oder den Energiehof Blankenmühle, der als Herz des Trabitzer Wärmenetzes gut drei Millionen Kilowattstunden Wärmeenergie pro Jahr für 65 Anschließer erzeuge.
Gegenwärtig arbeite man daran, den Energiehof bis 2025 für den dann gesetzlich vorgeschriebenen „Flexbetrieb“ zuzurüsten, informierte Schmidt. Hierfür werde die alte Mühle abgerissen, um Platz für ein neues Gärrestelager zu schaffen. Zwei der vier bestehenden Blockheizkraftwerke würden abgebrochen, weil sie veraltet seien, dafür aber ein neues Kraftwerk gebaut. Größere Biogas- und Wärmespeicher stellten den bedarfsgerechten flexiblen Betrieb der Anlage vorerst bis 2034 sicher,
Durch Energiespeicher flexibel versorgen
Die Energiegenossenschaft sei fähig und willens, noch weitere Anlagen neu zu errichten oder zu erwerben sowie andere Genossenschaften in deren Ausbauarbeit zu unterstützen, betonte Schmidt weiter. Für eine bedarfsgerechte Versorgung mit regenerativ erzeugtem Strom wolle man sich intensiv dem Bau von Energiespeichern in Batterieform oder als Wasserstoffspeicherwidmen: „Diese Energieträger bewahren Energie auf, die über den aktuellen Bedarf hinaus bei starkem Sonnenschein oder Wind erzeugt wird.“
Um die Kunden zu einem Stromverbrauch entsprechend dem Energieangebot zu motivieren, denke man aber auch über einen „Flextarif“ nach, wie ihn die Stadtwerke Hassfurt schon anböten: „Tagsüber bei Sonnenschein ist der Strombezug wesentlich billiger als abends und nachts bei Dunkelheit und relativer Windstille.“ Schließlich sei die NEW an dem ehrgeizigen Projekt der Bioabfallvergärungsanlage (BAVA) Nordoberpfalz bei Kalkhäusl beteiligt, die im großen Maßstab Bioabfälle, etwa aus den häuslichen braunen Tonnen, aber auch aus Großküchen, Schlachthöfen oder Bäckereien, in Strom und Wärme umwandeln solle.
An der Bürgerenergiegenossenschaft könnten sich „natürliche Personen“ jeweils mit maximal 50.000 Euro beteiligen, ein Geschäftsanteil koste 500 Euro. Aufsichtsratsmitglied Dr. Alexander Goller merkte noch an, dass Kommunen im Rahmen des jüngst gegründeten „Klimaschutznetzwerks“ zum Auf- und Ausbau von Nahwärmenetzen ermuntert werden sollen.